Unangenehme Dinge sofort ansprechen – Wieso soll das glücklich machen? Nun, das ist meine Erfahrung aus den letzten fünf Wochen. Es gab drei Situationen, die für mich einfach nicht in Ordnung waren. Gleichzeitig war mir klar, dass ich mich nicht mehr so verhalten will, wie in der Vergangenheit: Ausweichen und dann das Ausweichen rechtfertigen (gerne auch im Gespräch mit anderen…) Dieses Mal wollte ich mich meinen Ängsten stellen und MIT den Personen reden, statt ÜBER sie zu sprechen.
Vor diesen Gesprächen habe ich meinen ganzen Mut zusammengenommen – und es dann einfach getan – mit der Motivation, dass das Beste für alle Beteiligten daraus entstehen möge. Ich habe jeweils ein Gespräch mit meiner Kollegin, meinem Chef und meinem Mitbewohner geführt. Im ersten Fall hat es eine komische Spannung aufgelöst und eine gute Beziehung hergestellt. Im zweiten Gespräch konnte ich ein Missverständnis für mich klären und fühlte mich nachher viel besser. Im dritten Gespräch haben wir uns erst zwanzig Minuten fast angebrüllt und ausgekotzt, nur um danach gemeinsam ein Bier zu trinken und dann noch mal eine Stunde zu quatschen.
Kannst Du Dich vorstellen, wie ich mich jeweils hinterher gefühlt habe?
Es war großartig! Einfach nur großartig.
Das Gefühl wünsche ich jedem, unbedingt. Diese Gespräche haben nicht nur mir ein gutes Gefühl beschert, sondern auch meinen Gesprächspartnern. Sie haben eine Brücke genaut und sie haben zwei Personen glücklich gemacht. Es war wirklich so einfach.
Im umgekehrten Fall kann es aber auch sehr unglücklich machen. Es gibt nämlich noch ein viertes Gespräch, das leider überhaupt nicht gut lief – weil es nicht stattfand. Mein zweiter Mitbewohner ärgert sich über etwas, aber er weicht einem Gespräch aus oder findet Gründe, nicht darüber zu reden. Auch Versuche von meiner Seite blockt er ab. Die Stimmung verschlechtert sich zwischen uns, er redet über mich, aber nicht mit mir. Das verletzt mich. Es ist das Paradebeispiel von „so-soll-es-nicht-sein“. Es ist auch ein Lehrstück für mich: In so einer Situation sein, ohne schlecht über die Person zu reden und ihr trotzdem irgendwie Gutes zu wünschen. Gleichmut üben. Qualitäten sehen. Mehr Unterstützung kann ich ihm nicht geben. Er muss seine Ängste selbst überwinden oder auch nicht. Diese Entscheidung liegt ganz bei ihm, auch wenn ich da mit drinhänge und ihm am Liebsten sagen würde, was er jetzt *** noch mal tun soll…
Was ich jetzt mache? Dieser Person ehrlich viel Glück wünschen. Mich auf meine Liebenswürdigkeit konzentrieren und nicht meinen Selbstwert in Frage stellen, nur weil er das (vielleicht) tut. Warum mag ich mich? Was mache ich gut? Das fällt mir zwar schwer, aber es passiert etwas Wunderbares: Im selben Maße, wie ich mich selbst liebe, im selben Maße kann ich auch Liebe für diese Person empfinden. Das funktioniert. Ich erlebe es gerade beim Schreiben und ich kann euch nur ermuntern, es selbst mal auszuprobieren und die Erfahrung selbst zu machen. Denn die intuitive Logik sagt mir zwar zunächst „Was für ein Blödsinn!“ Aber es funktioniert – ich kann es fühlen. Ich fühle mich selbst liebenswert und wertvoll und genauso den anderen. Es geht hier um eine bedingungslose Liebe, die ich gebe, ohne etwas zurück zu erwarten. Sie hat kein Ende. Sie ist pures Glück!